ÖRKÖ-Spendenprojekt 2024
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) führt jedes Jahr ein besonderes Spendenprojekt durch. 2024 wollen die Kirchen in Österreich gemeinsam im afrikanischen Burkina Faso helfen.
Die christlichen Kirchen in Österreich treten für einen starken Sozialstaat ein und äußern Bedenken gegen Tendenzen, soziale Absicherung zunehmend dem Einzelnen oder privaten Institutionen zu überlassen. Sozialstaatliche Einrichtungen, unter ihnen die Kranken- und Pensionsversicherungen, seien zwar immer wieder neu den gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Ihre Finanzierbarkeit sei aber in hohem Maße "eine Frage des politischen Willens und einer vernünftigen Verteilung der Lasten", heißt es im "Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich", das am Donnerstag in Wien vorgestellt wurde. Die Kirchen treten daher u.a. für die Beibehaltung eines umlagefinanzierten Pensionssystems ein, weil es wesentlich sicherer sei als private, vom Kapitalmarkt abhängige Versicherungssysteme. Dabei sei auch eine eigenständige Alterssicherung für Frauen vorzusehen.
"Der Zugang zu sozialen Dienstleistungen und deren Qualität muss für alle, unabhängig von Einkommen und Herkunft, gesichert werden", heißt es im "Sozialwort". Trotz gut ausgebauter sozialer Netze gebe es in Österreich fast ein Million Menschen, die am Rande der Armut leben oder arm sind. Man trete daher im Rahmen des für EU-Staaten verbindlichen Nationalen Aktionsplans zur Armutsbekämpfung (NAP) für eine Mindestsicherung für alle ein.
Die Kirchen verschließen sich nicht dem "laufenden Reformbedarf". Im Kapitel über "Soziale Sicherheit" heißt es im "Sozialwort": "Veränderungen sind notwendig, wenn sich die Verhältnisse ändern, wenn die Lebenserwartung steigt und damit die Zahl der älteren Menschen im Verhältnis zu den aktiv Erwerbstätigen, wenn die Ausbildung länger dauert, die Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsjahre geringer wird und damit auf ein Beitragsjahr immer mehr Pensionsjahre entfallen". Im Bemühen um "solidarische Lösungen" dürften junge und ältere Menschen mit ihren jeweils berechtigten Anliegen aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Steigenden Pflegebedarf absichern
Es sei notwendig, "für eine ausreichende finanzielle und infrastrukturelle Absicherung des steigenden Pflegebedarfs" vorzusorgen, wird weiter betont: durch Anpassung des Pflegegeldes sowie Ausbau der mobilen Pflegedienste, Tagesstätten und Hospizangebote. Weiter stellt sich das ökumenische "Sozialwort" hinter Forderungen nach einer "Sozialverträglichkeitsprüfung" für neue Gesetze. Im indirekten Zusammenhang mit der GATS-Diskussion plädiert das "Sozialwort" für die Sicherstellung des Zugangs "für alle" zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen wie Wasser- und Energieversorgung, öffentlicher Verkehr, Bildung und Gesundheit.
Für den kirchlichen Bereich betont das "Sozialwort" die "Option für die Armen" im Sinne einer Anwaltschaft zu Gunsten der Benachteiligten. In ihren eigenen Sozialeinrichtungen wie Caritas oder Diakonie wollen die Kirchen "ihre personellen und finanziellen Möglichkeiten" einsetzen, um Menschen in Notlagen rasch und wirksam zu helfen".
Der Veröffentlichung des Sozialworts war ein vierjährigen Prozess vorausgegangen: In Phase 1 hatten 522 soziale Initiativen und Einrichtungen der Kirchen in einer "Standortbestimmung" ihre konkrete Praxis reflektiert. In Phase 2 wurden die Ergebnisse in Form eines "Sozialberichtes" der Öffentlichkeit präsentiert und breit diskutiert. In Phase 3 wurde auf - auch auf der Grundlage dieses Diskussionsprozesses - das "Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich" (ÖRKÖ) gemeinsam erarbeitet. Dem ÖRKÖ gehören 14 christliche Kirchen östlicher und westlicher Tradition an.
Neben Fragen von Arbeit, Wirtschaft und sozialer Sicherheit widmet sich das gemeinsame Sozialdokument auch den Bereichen Friedenssicherung, Bildung, weltweite Gerechtigkeit, Verantwortung vor der Schöpfung, Ehe und Familie, Lebensschutz, der Gestaltung städtischer und ländlicher Lebensräume.
Begriff der "Arbeit" neu überdenken
Im Kapitel "Arbeit - Wirtschaft - Soziale Sicherheit" fordern die Kirchen, den Begriff "Arbeit" grundsätzlich "neu zu überdenken". Wer heute von Arbeit spreche, denke in erster Linie an die Erwerbsarbeit, obwohl es auch vielerlei andere Arten von Arbeit gebe. Viele dieser Arbeiten, die "gesellschaftlich unverzichtbar" seien, würden - so das "Sozialwort" - unbezahlt geleistet, und zwar überwiegend von Frauen. Leistungen in der Pflege, Betreuung oder Erziehung in den Familien und Haushalten würden "allenfalls indirekt" bewertet. Das Engagement vieler Frauen für ihre Familien und in unbezahlter Arbeit für andere sei aber auch "der wesentlichste Grund für die Armut" von Frauen. Im Alter hätten viele Frauen keine, keine genügende oder keine eigene Pension und seien dadurch von anderen abhängig.
Für "Tobin-Steuer"
Im Kapitel "Frieden und Gerechtigkeit" fordern die Kirchen u.a. die Regierungen in Österreich, in der EU und weltweit dazu auf, die Ausgaben für Rüstungsprojekte "drastisch zu reduzieren". Österreich sollte sich außerdem als neutrales Mitglied der EU für eine Außen- und Sicherheitspolitik einsetzen, die auf klaren ethischen und völkerrechtlichen Prinzipien gründet. Die Rolle der UNO in der internationalen Friedenspolitik und im weltweiten Krisenmanegement müsse - so die Kirche - gestärkt werden. Im Kapitel "Gerechtigkeit weltweit" fordern die Kirchen einen "verbindlichen Stufenplan zur Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit", um möglichst rasch die vor Jahrzehnten vereinbarte Marke von 0,7 Prozent des Brutto-Sozialproduktes zu erreichen. Außerdem verlangen die Kirchen eine steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Entwicklungszusammenarbeit. Von der Politik erwarten sich die Kirchen auch Maßnahmen für eine Regulierung der Finanzmärkte, etwa durch "Einführung einer Tobin-Steuer".
Konsequenz des "Dialogs für Österreich"
"Sozial-Bischof" Maximilian Aichern erinnerte bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des "Sozialworts" daran, dass der erste Anstoß dafür beim Salzburger Delegiertentag des "Dialogs für Österreich" Ende Oktober 1998 gegeben wurde. Die Delegierten hätten damals dafür votiert, dass ein "Sozialwort" als ökumenisches Projekt erstellt werden sollte, um die gemeinsame Verantwortung der christlichen Kirchen sichtbar zu machen. Am ersten Adventsonntag des Jahres 1999 sei das Projekt "Sozialwort" dann im Stephansdom angekündigt worden, dort werde es auch am kommenden ersten Adventsonntag 2003 - 30. November - feierlich proklamiert werden.
Das "Sozialwort" sei ein "Kompass" für Denken, Leben und soziales Handeln der Kirchen in Österreich, sagte Bischof Aichern. Entscheidend sei die Verbindung des "Sozialwortes" mit der sozialen Praxis der Kirchen, die dem sozialen Zusammenhalt in Österreich dienen wolle. Dieser Zusammenhalt sei gefährdet, "wo Menschen ausgegrenzt werden durch eine abwertende Sprache, wo Schwächere nicht zu ihrem Recht kommen, wo wirtschaftlicher Erfolg keine Rücksicht nimmt auf die Umwelt und die Rechte der Jugend und zukünftiger Generationen", unterstrich der Linzer Diözesanbischof.
"Dialog ist politische Notwendigkeit"
Aichern betonte den Beitrag der Kirchen für ein positives soziales Klima in Österreich "durch ihre Schulen, Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen, ihr Engagement für Arme, Flüchtlinge und Obdachlose, für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit usw.". Dieses konkrete Engagement gebe den Kirchen das Recht, für die gesamte Gesellschaft, für Politik und Öffentlichkeit, Aufgaben zu definieren. Wörtlich meinte der "Sozial-Bischof": "Dabei wollen sich die Kirchen dem Dialog stellen, verbunden mit der ausdrücklichen Einladung an alle, sich an einer weiterführenden, kritischen Auseinandersetzung zu beteiligen. Dialog ist eine politische Notwendigkeit, soll es zu langfristig tragfähigen und akzeptierten Lösungen kommen. Die Überzeugung der Kirchen, dass die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen nur gemeinsam zu bewältigen sind, bedeutet dabei auch, Unterschiede zu respektieren und an einer fairen Austragung von Konflikten zu arbeiten".
Auch die Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Prof. Christine Gleixner, bezeichnete das "Sozialwort" als "Kompass für soziales Denken, Leben, Handeln". Sie verwies darauf, dass bei der Erstellung des "Sozialworts" erstmals in Europa Kirchen östlicher und westlicher Tradition "auf gleicher Ebene" zusammengearbeitet und der in der "Charta Oecumenica" ausgesprochenen Verpflichtung entsprochen hätten. Bewusst sei jedem Kapitel ein Bibelwort vorangestellt, um deutlich zu machen, dass der "jetzt vorliegende 'Kompass' durch das lebendige Wort Gottes getragen und grundgelegt" wird. "Entscheidend" werde sein, dass der "Prozess Sozialwort" weitergeht und es zu einem "intensiven, konstruktiven Dialog zwischen Kirchen und Gesellschaft in Österreich kommt".
"Sternstunde der Ökumene"
Die starke und wichtige Präsenz der Kirchen in der Gesellschaft betonte auch der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos. Mit dem "Sozialwort" zeigten die Kirchen, "dass ihr Platz nicht nur in den Gotteshäusern und Sakristeien ist, wie es sich manche wünschen, sondern dass die Kirchen den Menschen konkret dienen". Zum Beitrag der orthodoxen Kirche unterstrich der Metropolit, dass die Orthodoxie entgegen vielen Vorurteilen keine lebensferne Spiritualität pflege. Das tatkräftige soziale Engagement für die vielen orthodoxen Gläubigen in Österreich, unter denen viele ihre ursprüngliche Heimat verloren hätten, sei in das "Sozialwort" eingeflossen.
Die Zusammenarbeit der 14 christlichen Kirchen bezeichnete Staikos als "Sternstunde der Ökumene" und "einmalig". Der evangelisch-lutherische Bischof Herwig Sturm sprach in diesem Zusammenhang vom "Geschenk eines ökumenischen Erlebnisses". Sturm zeigte sich davon überzeugt, dass das "Sozialwort" positive Effekte auf den sozialen Zusammenhalt der österreichischen Gesellschaft haben wird. Zugleich mahnte er aber auch die im Dokument enthaltene Selbstverpflichtung der Kirchen ein. Die Aussagen des "Sozialwortes" würden nur in Verbindung mit der Praxis der Kirchen glaubwürdig sein, so der evangelische Bischof. Deshalb hätten sich die Kirchen bei jedem Kapitel des "Sozialworts" zu entsprechenden Initiativen verpflichtet. Sturm: "Wir reden nicht nur, sondern unser Reden ist auch durch das Engagement vieler Menschen und Gruppen gedeckt".
Weiters plädierte der Bischof für mehr "Wahrhaftigkeit" in der politischen Diskussion. Er erlebe in der gegenwärtigen Politik, "dass sehr viel verschleiert wird". Sturm: "Wenn wir aus Brüssel hören müssen, dass die LKW-Zählungen der Österreicher nicht mehr ernst genommen werden, weil so oft geschwindelt wird, dann muss ich mich fragen, in welchen Bereichen wir noch 'eingenebelt' werden". Gerade die Kirchen stünden daher für "Klarheit und Offenheit". Die österreichische Gesellschaft sei durchaus fähig, Probleme zu lösen, dazu müsse man aber "reinen Wein einschenken und dann miteinander gute Wege suchen".
"Grundrechte statt Almosen"
Michael Chalupka, Direktor der evangelischen Diakonie, nannte einige Fehlentwicklungen im österreichischen sozialen System, denen man entgegenwirken müsse: U.a. fehle weitgehend eine eigenständige Existenzsicherung für Frauen und noch immer eine Sozialverträglichkeitsprüfung, um die Folgewirkungen von Gesetzen auf alle gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere Frauen und Familien, abzuschätzen. Im Sozialsystem müsse das Prinzip "Grundrechte statt Almosen" gelten, so Chalupka.
Positiv hob Chalupka hervor, dass ohne die bereits bestehenden Sozialleistungen doppelt so viele Menschen arm wären. Ein gut ausgebauter Sozialstaat, der möglichst keine Gruppe vom Wohlstand ausschließt, besitze darüber hinaus große Wettbewerbsvorteile im Ringen um Wirtschaftsstandorte. Denn der Sozialstaat sichere geringe Kriminalitätsraten, wenig soziale Konflikte und keine Elendsviertel in den Städten.
Zwischenbilanz 2004
P. Alois Riedlsperger, Leiter der Katholischen Sozialakademie Österreichs, kündigte an, dass man in einem Jahr Zwischenbilanz ziehen werde. Am ersten Adventsonntag 2004 werde man in einer eigenen Veranstaltung überprüfen, was aus den Impulsen des "Sozialworts" wurde, was gelungen sei und wo es neuer Anstrengungen bedürfe.
ÖRKÖ-Spendenprojekt 2024
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) führt jedes Jahr ein besonderes Spendenprojekt durch. 2024 wollen die Kirchen in Österreich gemeinsam im afrikanischen Burkina Faso helfen.
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) unterstützt das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) des Weltkirchenrates
Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ)
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"Europa ist ein Hoffnungsprojekt"
Am 26. November2023 predigte der lutherische altbischof Michael Bünker beim Sonntagsgottesdienst in der Wiener methodistischen Kirche zum Thema "Europa". Die Gastpredigt fand im Rahmen des ökumenischen Projekts "Sozialwort 20+" des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) statt.
Gottesdienst zum Reformationstag mit ökumenischem Akzent
Am 31. Oktober 2023 predigte der Direktor der Katholischen Sozialakademie, Markus Schlagnitweit, beim Gottesdienst zum Reformationstag in der Linzer Martin-Luther-Kirche. Die Gastpredigt zum Thema "Wirtschaft" fand im Rahmen des ökumenischen Projekts "Sozialwort 20+" des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) statt.
Der Gottesdienst mit der Gastpredigt zum Nachsehen (via YouTube)
Im Sozialwort aus dem Jahr 2003 nehmen die Kirchen östlicher und westlicher Tradition in Österreich gemeinsam Stellung zu den sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Das Sozialwort versteht sich als Kompass in einer Gesellschaft, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet: In den Bereichen Bildung, Medien, Arbeit, Wirtschaft, soziale Sicherheit und Ökologie. Das Sozialwort benennt konkrete Aufgaben für Kirchen und Politik/Gesellschaft.
Das Sozialwort ist in einem vierjährigen Prozess (2000 - 2003) entstanden.
Das "Sozialwort" zum Download finden Sie HIER
Mit der Broschüre "Solidarische Gemeinde" aus dem Jahr 2013 will der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) den Pfarrgemeinden in Österreich Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und konkrete Handlungsanregungen liefern, wie die Gemeinden ihr soziales Profil schärfen können. Die Broschüre steht unter dem Leitwort "Solidarische Gemeinde" und ist das Ergebnis des Prozesses "sozialwort 10+".
Die Broschüre "Solidarische Gemeinde" zum Download finden Sie HIER
Die Dokumente der 11. ÖRK-Vollversammlung
Die 11. Vollversammlung des Weltkirchenrates verabschiedete vier öffentliche Erklärungen, vier Protokollpunkte, eine Botschaft und eine Erklärung, in denen sie Wege zur Bewältigung einiger der größten Herausforderungen der Welt vorschlug.