Evangelische Relektüre des Ökumenischen Sozialworts nach 20 Jahren
Die Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. hat am 9. Dezember ein Dokument zum 20-Jahr-Jubiläums des Ökumenischen Sozialworts beschlossen. Dieses war gemäß Beschluss und Auftrag der ÖRKÖ-Generalversammlung auf Relektüre des Sozialwortes nach 20 Jahren im Zuge der Vorbereitung durch die Kommission für Diakonie und soziale Fragen entstanden.Es bezieht die sozialen Fragen von 2003 auf den ökosozialen Wandel und alle Themen von Gerechtigkeit und Klimaschutz, die seither dringlicher geworden sind.
Das Dokument im Wortlaut:
Stellungnahme der Kommission für Diakonie und Soziale Fragen
Nachhaltigkeit – eine Frage der Gerechtigkeit
Eine evangelische Relektüre des Ökumenischen Sozialworts (2003) nach 20 Jahren
(Entwurf 27. November 2023)
Allgemeines
Der bewegende, mehrjährige Prozess des Ökumenischen Sozialworts (2000-2003) ist nicht zu Ende. Er ist zwei Jahrzehnte vorangeschritten und er durchzieht wie ein roter Faden die Sorge und Verantwortung der Kirchen für diese Gesellschaft. In konkreten Handlungsfeldern und in vielfältiger Weise haben seither die Kirchen sorgsam, aber auch in forderndem Diskurs ihre Stimme erhoben. Neue Themen und Dimensionen sind verstärkt in den Blick gerückt worden und bestimmen eine Vielzahl bereits benannter Hauptaspekte des Sozialworts.
So bekräftigt die Evangelische Kirche A.u.H.B. mit dieser aktuellen Positionierung alle Grundsätze des wegweisenden Papiers, das auf Gerechtigkeit, sozialen Frieden und achtsamen Umgang miteinander und mit der Schöpfung ausgerichtet ist. Wenn im letzten Punkt „Vom Sozialwort zu sozialen Taten“ der Beitrag der Kirchen im sozialen Auftrag auch als Einladung verstanden wird, so ist dieser Weg beschritten. Er fordert uns – insbesondere auch vor dem Hintergrund des sozial-ökologischen Wandels - in geistlicher Praxis, diakonischem Engagement und sozialem Miteinander in Ökumene und interreligiösem Dialog sowie in der säkularen Gesellschaft auch weiter heraus.
Leitperspektive
Im Besonderen liegt der Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in der Relektüre des
einstigen Sozialworts der dringliche Bereich der Schöpfungsverantwortung und Klimagerechtigkeit am Herzen. Er setzt einen umfassenden Rahmen über alle Teilaspekte des Sozialworts. Bereits das „Jahr der Schöpfung“ (2022) hat die Verantwortung für Umwelt und Klimaschutz betont. In einem Grundsatzpapier wurden theologische Leitlinien gelegt, die auch eine Umkehr für all unser Tun bedeuten und handlungspraktisch Konsequenzen für die gemeinsame Zukunft in unserer Kirche auf allen Ebenen und in der Gesellschaft erforderlich machen. (https://kirchenrecht.at/kabl/52341.pdf)
Somit streicht die Evangelische Kirche A.u.H.B. ihre soziale Verantwortung, noch stärker als 2003, im Hinblick auf den Schöpfungsglauben und die Nachhaltigkeit heraus, da diese zu allen vorgebrachten Themenfeldern immer mehr zur Querschnittsmaterie wurde. Schöpfungsglaube in der Klimakrise bedeutet, die Welt als Gottes Schöpfung zu begreifen, in der wir Menschen ein Teil von ihr sind und Gott das Gute und die Gerechtigkeit für alle Geschöpfe will. (These 1 des Grundsatzpapiers)
Konkretion
Als Anwendung für unser Tun und Lassen halten wir als Evangelische Kirche A.u.H.B. daher fest:
1. Wir wollen uns stärker bewusst machen, dass unser Lebensstil für andere Menschen und die
Schöpfung hohe Belastungen verursacht, und wir wollen nachhaltiger leben.
(Kapitel 1 – Bildung - Orientierung und Beteiligung)
2. Wir wollen Menschen unterstützen, die von den Folgen der Klimakrise betroffen sind – vor Ort bei uns und in jenen Ländern, deren Ausbeutung unseren Lebensstil finanziert. Wir wollen unser demokratisches Mitspracherecht als Bürger*innen und Wähler*innen für den Klimaschutz nutzen.
Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diejenigen, die nicht gehört werden, berücksichtigt werden. Wir wollen öffentlich darauf hinweisen, dass die Klimakrise Migrationsbewegungen auslösen wird und bereits auslöst. Für die Geflüchteten und Vertriebenen sind die lebensnotwendigen Leistungen bereitzustellen. Wir wollen uns auch dafür einsetzen, dass Transitregionen der Klimamigration unterstützt werden.
(Kapitel 7 – Gerechtigkeit weltweit; Kapitel 8 – Nachhaltigkeit – Verantwortung in der Schöpfung)
3. Wir wollen darauf hinweisen, dass alle Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Erreichung von
Klimaneutralität auf ihre sozialen Wirkungen bzw. ihre Verteilungswirkung überprüft und dass
negative Auswirkungen auf Menschen mit wenig Einkommen und Vermögen mit sozialstaatlichen Mitteln ausgeglichen werden sollen. Wir wollen uns darum bemühen, dass die Kosten für den Klimaschutz sozial gerecht verteilt werden. Wir wollen Betroffene vor Ort unterstützen und uns für strukturelle Maßnahmen einsetzen.
(Kapitel 5 Arbeit – Wirtschaft – Soziale Sicherheit; Kapitel 6 Frieden in Gerechtigkeit)