Gewalt im Heiligen Land: ÖRKÖ beteiligt sich an Programm zur Deeskalation
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) beteiligt sich seit 2010 am "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI). Im Rahmen dieser Initiative des Weltkirchenrates werden Freiwillige entsendet, die sich gemeinsam mit Friedensaktivisten aus aller Welt für ein Ende der Gewalt und ein friedliches Zusammenleben von Palästinensern und Israelis einsetzen. Die letzte Freiwillige aus Österreich war die steirische Flüchtlingsbetreuerin Evelyn Kulmer. Sie war bis April vor Ort im Einsatz. Im ÖRKÖ-Interview berichtete sie über ihre Erfahrungen und forderte zugleich wesentlich mehr internationale Aufmerksamkeit für die Lage vor Ort.
Die EAPPI-Freiwilligen begleiten etwa palästinensische Kinder auf dem Weg zur Schule, sie begleiten Berufstätige auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz oder Betende auf dem Weg in die Moschee. Sie sind zudem an den Checkpoints präsent, an denen die Palästinenser nach Israel einreisen müssen. Die EAPPI-Mitarbeiter beobachten und dokumentieren Vorfälle, sind sonst aber in keiner Weise aktiv. "Allein unsere Präsenz wirkt oft aber auch schon deeskalierend", so das Fazit Kulmers.
Die junge Steirerin war in und um Betlehem stationiert. Dreimal in der Woche war sie am Checkpoint zwischen Betlehem und Jerusalem präsent, aber auch in zwei Dörfern außerhalb Betlehems waren Kulmer und ihre Kolleginnen und Kollegen und begleiteten die Bevölkerung im Alltag. "Auch mit den Schaf- und Ziegenhirten sind wir mitgezogen", berichtete sie.
Die Situation im Land habe sich seit dem Amtsantritt der neuen israelischen Regierung deutlich verschlechtert, so der Eindruck Kulmers. Die Gräben zwischen Palästinensern und Israelis würden immer tiefer. "Hass und Verzweiflung in der palästinensischen Bevölkerung nehmen zu", zeigte sie sich bestürzt. Sie berichtete etwa auch von Kindern, die schwer traumatisiert seien. "Sobald sie israelische Soldaten sehen, laufen sie davon." Viele Palästinenser würden permanent in Angst leben.
Aber auch die israelische Bevölkerung zahle einen hohen Preis, lebe sie doch in einer von Gewalt durch und durch geprägten Gesellschaft. Kulmer: "Die 18- oder 19-jährigen Soldaten, die ihren Militärdienst ableisten, haben auch keine andere Wahl, außer Gefängnis."
Umso beeindruckender habe sie es erlebt, dass es in der Bevölkerung immer noch so einen starken Willen zum Leben gibt: Wenn Hochzeiten gefeiert werden oder ein Kind zur Welt kommt. - "Das sind ganz starke Momente und wahrscheinlich auch das stärkste Zeichen des Widerstands", so Kulmer.
Jedes Jahr werden vom ÖRKÖ bis zu drei Freiwillige für das EAPPI-Programm entsandt. Diese sind dann jeweils drei Monate im Westjordanland oder in Jerusalem stationiert. Das "Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) ist eine Organisation des Weltkirchenrates mit Sitz in Genf. Die österreichische Koordination für EAPPI wird von der Diakonie Auslandshilfe, dem Internationalen Versöhnungsbund und der katholischen Friedensbewegung Pax Christi im Auftrag des ÖRKÖ gemeinsam getragen. Die Einsätze der "Ökumenischen Begleiter" erfolgen ehrenamtlich und werden durch Spenden finanziert.