Friedensaktivistin beklagt Entrechtung der Palästinenser
Die christliche und muslimische Bevölkerung in den israelisch besetzten Gebieten Palästinas werden systematisch entrechtet, Angst vor Schikanen, Übergriffen und Zerstörung ihrer Häuser sei im Alltagsleben ständig präsent: Darauf hat Bettina Zangl hingewiesen, die als junge Grazer Studentin am "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) teilgenommen hat, das der Ökumenische Rat der Kirchen seit 2002 in der Krisenregion betreibt. Bei einem Pressegespräch in Wien schilderte Zangl Menschenrechtsverletzungen, die sie bei ihrem mehrmonatigen Friedenseinsatz in der nördlichen Westbank etwa bei nächtlichen Kontrollen der israelischen Checkpoints miterlebte und dokumentierte.
Das Pressegespräch fand im Vorfeld einer EAPPI-Tagung am Samstag im Wiener Albert-Schweitzer-Haus statt, bei der unter die Lupe genommen wird, welche Rolle die abrahamitischen Religionen im israelisch-palästinensischen Konflikt spielen und ob sie zu seiner gewaltfreien Lösung beitragen. Der jüdische Befreiungstheologe Marc Ellis aus den USA, als Tagungsreferent am Podium des Pressegesprächs, ist diesbezüglich skeptisch: Zu profitabel in mehrfacher Hinsicht sei für Israel die Besetzung der Palästinensergebiete, eine nennenswerte und von den Religionen mitgetragene Friedensbewegung in Israel gebe es nicht.
Ellis wandte sich kritisch gegen das Agieren der jüdischen Religionsvertreter, die den Holocaust verdrängt hätten. Als er am Donnerstag am Wiener Heldenplatz auf jenen Balkon blickte, auf dem Hitler nach dem "Anschluss" Österreichs seine menschenverachtendes Politik bejubeln ließ, habe er im Blick auf Palästina gedacht, mittlerweile seien "die Juden von Opfern zu Tätern geworden". So lange die palästinensische Bevölkerung politisch derart entrechtet sei, halte er, so Ellis, alle Beschwörungen des gemeinsamen Friedensanspruchs der drei abrahamitischen Religionen für nutzlose Inszenierung.
Mustafa Abu Sway, Professor für Philosophie und Islamstudien an der Al-Quds-Universität in Jerusalem, seit vielen Jahren im interreligiösen Dialog engagiert, berichtete von einem Vorfall, bei dem die Thora und die Abraham-Erzählung herhalten mussten, um den Gewaltakt eines israelischen Soldaten in Hebron im Westjordanland zu legitimieren. In der aktuellen Situation sei auf die Wurzeln der drei Religionen hinzuweisen, die letztlich auf ein friedliches Zusammenleben in Gerechtigkeit abzielten.
Keine Weihnachtsidylle in Bethlehem
Martha Tonsern, Grazer Ethnologin, ist Mitarbeiterin im von christlichen Palästinensern gegründeten "Kairos Palestine Programm" mit Sitz in Bethlehem. Rund um Weihnachten seien dort wieder idyllische Bilder z.B. mit der Übergabe des auch in Österreich verbreiteten "Friedenslichtes" zu erwarten, die der Besatzungsrealität in Bethlehem nicht gerecht werde. Der Geburtsort Jesu sei umzingelt von einer Mauer, die Bewohner würden enteignet und gehindert, an Arbeitsplätze jenseits der Besatzungszonen zu gelangen, so Tonsern. Auf der Website www.kairospalestine.ps ist auch auf Deutsch ein "Begleiter durch den Advent" nachzulesen, der über die Lebensrealität in Bethlehem informiert.
Die EAPPI-Tagung am Samstag endet mit einer öffentlichen Podiumsdiskussion um 18.30 Uhr, an der die bei der Pressekonferenz aufgetretenen Fachleute ebenso sprechen werden wie Josef Windischer, Generalsekretär von Pax Christi Österreich, der selbst mit dem Freiwilligenprogramm EAPPI drei Monate in Tulkarem in der Westbank gelebt und gearbeitet hat.
Das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) unterstützt lokale und internationale Anstrengungen zur Beendigung der israelischen Besetzung und will zu einer Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts durch einen gerechten Frieden, gestützt auf das Völkerrecht und die einschlägigen UN-Resolutionen, beitragen. Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) entsendet seit mehreren Jahren Studierende als gewaltfreie "Ökumenische Begleiter" ins Heilige Land. Aus Österreich haben bisher sechs junge Leute an dem Programm teilgenommen, das vor zehn Jahren vom Genfer Weltkirchenrat ins Leben gerufen wurde. Weltweit nahmen mehrere hundert Friedensdiener teil. (Info: www.eappi.org)