Christliche Kirchen feierten gemeinsam Gottesdienst in Linz
Den Gottesdienst feierten VertreterInnen von acht der neun christlichen Kirchen, die im Forum der christlichen Kirchen in Oberösterreich vertreten sind. Vertreten waren von der gastgebenden Römisch-katholischen Kirche Dompfarrer Dr. Maximilian Strasser und Bischof Dr. Manfred Scheuer; von der Altkatholischen Kirche Pfarrer Mag. Samuel Ebner und Vikarin Elisabeth Steinegger; von der Evangelischen Kirche A. B. Superintendent Dr. Gerold Lehner und Pfarrer Dr. Wolfgang Ernst; von der Evangelischen Kirche H. B. ehem. Präsident der Synode der Evang. Kirche HB in Österreich Prof. Mag. Heinrich Benz; von der Evangelisch-methodistischen Kirche Pastor Martin Obermeir-Siegrist; von der Baptistengemeinde Pastor Alexander Strecker; von der Rumänisch-orthodoxen Kirche Pfarrer Dr. Sorin Bugner sowie von der Serbisch-orthodoxen Kirche Bischof Andrej Ćilerdžić und Diakon Nemanja Micic.
Musikalisch wurde der Gottesdienst von Domorganist Dr. Wolfgang Kreuzhuber und Domkapellmeister Mag. Josef Habringer gestaltet.
Inhaltlich steht die heurige Gebetswoche für die Einheit der Christen unter dem biblischen Motto der Weisen aus dem Morgenland, die zum Jesuskind nach Betlehem gezogen sind: „Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“ (Matthäus 2,2).
Das Symbol des Sterns begleitete auch durch den ökumenischen Gottesdienst. Die VertreterInnen der christlichen Kirchen trugen beim Einzug in den Mariendom einzelne Sternzacken, die auf eine große Plakatwand gesteckt wurden. „Wir sind gekommen als einzelne Teile, als Segmente und wir fügen diese Teile zusammen. Wir gehen aufeinander zu. Die zerbrochene Einheit ist am Zusammenwachsen. Wir fügen uns zu einem Ganzen“, erklärte Superintendent Gerold Lehner.
Zunächst schauten die Zacken zueinander. Pfarrer Samuel Ebner deutete diese Anordnung als Zeichen der Gemeinschaft, wies aber auch darauf hin, dass ein solcher „geschlossener Kreis“ problematisch sein könne: Er berge die Gefahr der Exklusivität und der Nabelschau. Häufig stehe dann nicht mehr das Zentrum des Kreises im Vordergrund, sondern die Abgeschlossenheit nach außen hin. ChristInnen wollten jedoch keine „geschlossene Gesellschaft“ sein, sondern eine lebendige, aufgeschlossene Gemeinschaft. Daher wurden in einem zweiten Schritt die Zacken umgedreht, sodass sie nach außen gerichtet waren, um zu zeigen: Wie die Lichtstrahlen eines Sterns von dessen Mitte her strahlen, möchten auch die christlichen Kirchen in ihrer je eigenen Art und Weise von Jesus Christus, ihrer Mitte, her in die Welt aus-strahlen und Zeugnis geben von seiner Liebe und Güte.
Bischof Andrej Ćilerdžić von der Serbisch-orthodoxen Kirche zog in seiner Predigt eine Parallele zwischen den Sterndeutern, die sich vom Morgenland auf den Weg ins ferne Jerusalem gemacht hatten, um den neuen König der Juden anzubeten, und der alttestamentlichen Erzählung von Abraham: Dieser werde von Gott in ein ihm unbekanntes Land gesendet und müsse sich dabei von seiner Verwandtschaft und seinem vertrauten Umfeld lösen.
Ćilerdžić: „Der Weg Abrahams ist Urbild des Weges im Glauben an Gott und an seine Verheißungen. So auch die Nachfolge Jesu: Der neue Weg ist ein Schritt heraus aus den Bindungen. Und dies möge uns zur Lehre dienen, uns mehr in der ökumenischen Bewegung zu engagieren.“ Manche Kirchen schienen jedoch „überfordert von der breiten Diskussion über ein gemeinsames Verständnis der zwischenkirchlichen Beziehungen“. Ökumene sei für sie „höchstens eine Instanz, die sie als eigenständige Mitglieder der weltweiten Familie christlicher Kirchen anerkennt, von der sie aber oft nur Unterstützung und Hilfestellungen erwarten“. Es fehle also häufig ein „Mitgliedschaftsverständnis im Sinne einer ausdrücklichen Mitverantwortung für die Gestaltung der Gemeinschaft im nationalen oder weltweiten Kontext“, so der serbisch-orthodoxe Bischof.
Demgegenüber verfüge die christliche Tradition, die aus dem Evangelium entspringe, über ein Verständnis von wechselseitiger Verantwortung. Ćilerdžić wörtlich: „Verantwortung heißt dabei zunächst Rücksichtnahme und Fürsorge für andere. Die Ökumene will durch den Dialog Schranken niederreißen mit dem Ziel, zu mehr Gemeinschaft zu gelangen. Die ökumenische Bewegung weist sowohl auf die Überwindung der Spaltungen unter den Kirchen als auch auf die dringliche Beendigung wechselseitiger institutioneller Abgrenzung, weil noch zu oft das eigene Profil für manche wichtiger erscheint als das gemeinsame Zeugnis.“
Die Verantwortung der christlichen Kirchen umfasse nicht nur die Verantwortung für das Leben ihrer eigenen Mitglieder, sondern auch ein Verständnis dafür, dass die Besonderheiten jeder Kirche niemals gegen die umfassende christliche Gemeinschaft ausgespielt werden dürften. Indem die Kirchen zeigten, dass es möglich sei, „auch empfindliche Gegensätze zu überwinden und schwierigste ökumenische Fragen zu klären“, könne sich dies auf die sich verändernde Gesellschaft auswirken, die nach tragfähigen Formen menschlicher und friedlicher Gemeinschaft suche. Der abschließende Appell von Bischof Ćilerdžić: „Lasst uns in der Gemeinschaft mit allen einen Beitrag leisten auf der Suche nach menschlicher Solidarität und zur Erhaltung einer tragfähigen Lebensordnung.“
Am Ende des ökumenischen Gottesdienstes spendete Bischof Manfred Scheuer den Segen.