Chalupka: Weltkirchenrat kam vor allem in Klimafragen voran
Besonders in Klimafragen hat die jüngst beendete Vollversammlung des Weltkirchenrates (ÖRK) gemeinsame Fortschritte erzielt: Das hat der evangelische Bischof Michael Chalupka am Sonntag in der ORF2-Sendung "Orientierung" unterstrichen. Die Selbstverpflichtung, welche die Vertreter von 530 Kirchen und christlichen Gemeinschaften unterzeichnet haben, sei in ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen. Dass weiters auch die Klimagerechtigkeit als "Querschnittsmaterie" aufgenommen worden sei und man eine Dekade der Schöpfung und der Buße für die auch theologische Reflexion des eigenen Beitrags zur Klimakatastrophe ausgerufen habe, gehe auch auf österreichische Initiative zurück, so Chalupka, der selbst als Delegierter an dem neuntägigen ÖRK-Treffen in Karlsruhe teilgenommen hat.
In der von Chalupka geleiteten evangelisch-lutherischen Kirche läuft schon jetzt ein "Jahr der Schöpfung". Man werde nun, gestärkt durch die ÖRK-Zielfestlegung, "weiter an diesem Thema dranbleiben", betonte der Bischof. Als bisher auf nationaler Ebene Erreichtes nannte Chalupka ein Klimaschutzkonzept, in dem "null Emissionen bis 2035" - etwa bei der Mobilität oder der Heizung - vorgegeben sind. Doch auch im Weltmaßstab passiere Ähnliches, hätten die Berichte beim ÖRK gezeigt. Besonders beeindruckt haben den Bischof Vertreter der schwedischen Indigenen-Gruppe der Samen, demzufolge die Rentiere durch die Klimakrise dem Verhungern preisgegeben seien: "Sie kommen nicht mehr zur Nahrung, weil die Winter jetzt völlig turbulent sind, einmal eiskalt, dann warm."
Der Weltkirchenrat hatte am Donnerstag in einem drängenden Appell zum Schutz von Umwelt, Klima und Artenvielfalt und zu einem "ökologischen Umbau" aufgerufen. Erneuerbare Energien müssten so schnell wie möglich Kohle und Gas ersetzen, ohne dass dies jedoch zulasten der ohnehin schon benachteiligten Gruppen und Ländern gehe. Reiche Staaten müssten arme Staaten finanziell unterstützen und für bereits erlittene Schäden des Klimawandels entschädigen, hieß es in der Resolution, und auch: Jeder Mensch weltweit habe ein Recht auf eine gesunde Umwelt. "Soziale Frage, Armut und Klimakatastrophe kann man nicht gegeneinander ausspielen, sondern man braucht Maßnahmen, die beides bekämpfen", erklärte auch Chalupka, der von 1994 bis 2018 Direktor der evangelischen Diakonie war. Vor allem die Ärmsten seien von der Klimakatastrophe betroffen.
Weniger klare Ergebnisse konnte die ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe beim Versuch einer gemeinsamen Position zum Ukrainekrieg vorweisen. Dies verwundere nicht, betonte der Bischof. "Es wäre eine völlige Überforderung, wenn man jetzt den Kirchen das als Ergebnis aufbürdet oder von ihnen erwartet, was die Welt nicht leisten kann." Ohnehin sei der Weltkirchenrat "eine der wenigen Plattformen, wo überhaupt noch gesprochen wird". Entsprechend habe schon zu Beginn des Treffens ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca daran erinnert, dass der Weltkirchenrat 1948 nicht deshalb gegründet worden sei, "weil man sich in allem einig gewesen wäre, sondern weil man in vielen Punkten Differenzen hat und das Gespräch miteinander sucht". Als Zeichen dieses Gesprächs seien damals die im Zweiten Weltkrieg schuldig gewordenen deutschen evangelischen Kirchen aufgenommen worden - ähnlich wie auch jetzt die russisch-orthodoxe Kirche teilnahm.
Immerhin sei beim Weltkirchenrat der Angriffskrieg und die Schuld von Russland klar benannt und auch im Schlussdokument eine klare Position bezogen worden, unterstrich Chalupka. Einen öffentlichen Dialog mit der russischen Delegation habe es nicht gegeben, immerhin aber habe man das Ziel erreicht, "den Faden nicht abreißen zu lassen und Gespräche stattfinden zu lassen hinter verschlossenen Türen".