Linz: Ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums
Die Kirchen in Österreich begehen am 17. Jänner den "Tag des Judentums". Anlässlich des Gedenktages fand in Linz bereits am Sonntag ein ökumenischer Gottesdienst in der Ursulinenkirche statt. Gestaltet wurde der Gottesdienst von Dorothea Schwarzbauer-Haupt, Wort-Gottes-Feier-Leiterin in der Ursulinenkirche, Gudrun Becker, Referentin für Ökumene und Judentum der Diözese Linz und Leiterin des christlich-jüdischen Komitees OÖ, sowie Günter Merz, Diözesanbeauftragter für christlich-jüdischen Dialog der Evangelischen Kirche.
Inhaltlich stand der alttestamentliche Prophet Jesaja und seine Rede von Gerechtigkeit und Frieden im Mittelpunkt: "Und Gott wird Recht sprechen zwischen den fremden Völkern und richten zwischen vielen Völkern. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern umschmieden, kein fremdes Volk wird mehr gegen ein anderes sein Schwert erheben, und niemand wird mehr Kriegshandwerk lernen", heißt es darin.
Gudrun Becker ging in ihrer Predigt auf die Lesung ein: Die Vorstellung, dass kein Volk mehr sein Schwert gegen ein anderes erheben werde, klinge zunächst utopisch, unrealistisch und naiv. Sowohl heute als auch zur Zeit des Propheten gibt und gab es Kriege und militärische Bedrohungen. Dennoch spreche Jesaja von Recht und Gerechtigkeit, vom Frieden zwischen den Völkern und dem Ende jeglicher Kriege.
Becker zog Parallelen zwischen der Bibelstelle und dem Buch "Trotzdem ja zum Leben sagen" des jüdischen Arztes, Psychotherapeuten und KZ-Überlebenden Viktor Frankl, in dem dieser über seine Strategien, mit dem unerträglichen Leid und dem Gräuel im KZ Auschwitz umzugehen, schreibt.
Für Becker steckte sowohl in der Lesung als auch in den Ausführungen Frankls mehr als nur ein unrealistischer Optimismus als psychologische Überlebensstrategie: "Ich meine, aus diesen Aussagen und Haltungen können wir erahnen, was Hoffnung ausmacht. Der Trick, sich eine gute Zukunft vorzustellen, hat keineswegs die objektiven Bedingungen der Situation Frankls verändert. Der gute Ausgang seines Martyriums war alles andere als garantiert. Wie wir aus vielen Berichten wissen, hing Leben und Überleben von Jüdinnen und Juden damals von unzähligen Zufällen und willkürlichen Entscheidungen ab."
Der hoffnungsvolle Vorgriff auf die Zukunft, der Glaube an den guten Ausgang habe Frankl vor Resignation und Verzweiflung bewahrt. "Diese Hoffnung war in seinem ganzen Leben, in seinem wissenschaftlichen Werk und in seinem Handeln spürbar." Für sie, so Becker, sei dies "ein Reichtum, den ich immer wieder in jüdisch-biblischen Schriften und auch bei herausragenden jüdischen Glaubenden entdecke: die Hoffnung und Zuversicht auf Frieden, Gerechtigkeit und Hilfe von Gott."
Becker weiter: "Hoffnung ist eine Praxis, keine bloße Theorie. Hoffnung ist - und das lerne ich vom jüdischen Glauben - leben, handeln, lieben und sich einsetzen, als wäre der gute Ausgang möglich, mehr noch, als wäre der gute Ausgang sicher. Handeln in dieser Hoffnung verändert unser Leben, unsere Gesellschaft und lässt einen Sinn aufleuchten." Jesaja, die Betenden in den Psalmen und Viktor Frankl könnten Inspiration und Kraftquelle sein, gerade dann, wenn es keinen offensichtlichen Grund für Hoffnung gebe, so Becker.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Bohdan und Ewa Hanushewsky, besser bekannt als "Kohelet3", mit einem bunten Repertoire aus der jüdischen Tradition mit Saxofon, Akkordeon und Gesang