Orthodoxer Theologe: Gemeinsamer Ostertermin längst überfällig
In diesem Jahr fällt das Osterfest in den Kirchen des Ostens und des Westens zufälligerweise zusammen. Der orthodoxe Theologe Prof. Grigorios Larentzakis hat in einem Beitrag in der Wochenzeitung "Die Tagespost" eindringlich dafür plädiert, endlich ein gemeinsames Datum zu finden. Als positives Beispiel für das Bemühen um Kircheneinheit, statt eigene partikuläre Interessen in den Vordergrund zu stellen, führt der orthodoxe Theologe u.a. Papst Leo den Großen (gest. 461) an.
Larentzakis erinnert zudem daran, dass der Ökumenische Patriarch Joakim schon im Jahr 1920 in der Enzyklika "An alle Kirchen Christi überall" elf konkrete ökumenische Vorschläge gemacht hat. Im ersten Vorschlag habe er für "die Annahme eines einheitlichen Kalenders zur gleichzeitigen Feier der großen christlichen Feste durch alle Kirchen" plädiert. Dieser Vorschlag warte leider immer noch auf seine Verwirklichung, "auch innerhalb der Gesamtorthodoxie, in der nicht einmal Weihnachten gemeinsam gefeiert wird". Grund dafür sei die Verwendung zweier unterschiedlicher Kalender, des Julianischen und des Gregorianischen.
Für das Osterfest legen alle Orthodoxen Kirchen den Julianischen Kalender zugrunde. Die westlichen Kirchen dagegen verwenden dafür den Gregorianischen Kalender. In diesem Jahr wird das Fest der Auferstehung Christi nur wegen der zufälligen Übereinstimmung in der kalendarischen Berechnung von allen christlichen Kirchen gemeinsam gefeiert, und zwar am 20. April.
Das Ziel, das Osterfest gemeinsam zu feiern, sollte außer Diskussion stehen, befindet Larentzakis. Nicht nur wegen der existenziellen Bedeutung der Auferstehung Jesu für das Christentum, sondern auch wegen der Konsequenzen für die Einheit der Kirche im konkreten Leben der Gläubigen. Zu denken sei etwa an die pastorale Dimension innerhalb konfessionell gemischter Familien, die in den letzten Jahrzehnten in vielen Ländern zunehmend entstanden sind.
Kein Verständnis zeigt Larentzakis für die Haltung, dass man die eigene Tradition nicht aufzugeben bereit sei, nur um mit den "Anderen" gemeinsam zu feiern. Diese Haltung ignoriere das Wesentliche des Christentums und sei kontraproduktiv für die Wiederbelebung der christlichen Einheit. "Das ekklesiologisch und soteriologisch wichtige Ereignis der Auferstehung Christi darf nicht einseitig konfessionell vereinnahmt werden", so Larentzakis wörtlich. Die Mühe für die Findung eines Datums für ein gemeinsames Osterfest sei "auf alle Fälle lebenswichtig".
Sehr positiv hebt Larentzakis hervor, dass Papst Franziskus und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. schon mehrmals den starken Willen bekundet hätten, alles daran zu setzen, das Osterfest nicht nur in diesem Jahr, sondern für immer gemeinsam zu feiern.
Konzil von Nicäa
Der orthodoxe Theologe erinnert daran, dass die Festlegung des Osterfestdatums zu den ältesten Fragen innerhalb der Gesamtkirche gehörte. Das Erste Ökumenische Konzil von Nicäa im Jahre 325, dessen 1.700-Jahr-Jubiläums heuer gedacht wird, habe sich auch mit der Berechnung des Osterfestdatums beschäftigt, damit die Gesamtkirche einheitlich feiern könne. Das Konzil habe der Kirche von Alexandrien den entsprechenden Auftrag erteilt, weil dort die zuständigen Wissenschaftler waren. Der Beschluss lautete, das Osterfest solle am ersten Sonntag nach dem Vollmond der Tagundnachtgleiche des Frühlings stattfinden. Dieses Datum habe der Bischof von Alexandrien an die Kirche des Westens in den sogenannten Osterfestbriefen mitgeteilt.
Papst als Vorbild
Das in Alexandrien bestimmte Osterfestdatum sei auch in Rom übernommen worden, obwohl dort auch eigene Berechnungen vorgenommen wurden. Larentzakis verweist auf den sowohl im Osten als auch im Westen als Heiliger verehrten Papst Leo den Großen (gest. 461). Dieser habe sich an die alexandrinische Berechnung des Osterfestes im Jahr 455 angeschlossen, obwohl das römische Datum ein anderes war. In Rom fiel Ostern auf den 17. April 455, während für Alexandrien der 24. April 455 berechnet war.
Larentzakis: "Vorbildhaft war die Vorgangsweise von Papst Leo dem Großen für die Behebung dieser Differenz. Er bestand nicht darauf, das römische Datum für die Gesamtkirche durchzusetzen." Stattdessen habe er den Weg der Verständigung vorgezogen. Er habe an Kaiser Markian in Konstantinopel geschrieben und ihn gebeten, Nachforschungen in Alexandrien bei Bischof Proterios zu veranlassen. Nach eingehenden Untersuchungen habe der Bischof von Alexandrien Papst Leo darüber informiert, dass das alexandrinische Datum das richtige sei, woraufhin dieser das alexandrinische Datum, den 24. April 455, übernahm, damit alle Christen gemeinsam das Osterfest feiern könnten.
Er versicherte dem Kaiser in seinem Dankesbrief, dass die Einheit der Kirche für ihn sehr wichtig sei. Aus diesem Grund - der großen Bedeutung der Einheit der Kirche - ist es sehr erfreulich, dass Papst Franziskus und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., den starken Willen bekundet haben, alles daran zu setzen, das Osterfest nicht nur in diesem Jahr, sondern für immer gemeinsam zu feiern.
Quelle: kathpress